Das Jahr neigt sich dem Ende. Es ist verrückt im Live-Ticker zu verfolgen, wie die Welt sich rasant entwickelt. So wurden zum Publikationszeitpunkt dieses Blogs im 2020 bereits 78’369’882 Autos und 148’932’722 Velos produziert. Neben der Mobilität kannst du weitere Kennzahlen im Ticker verfolgen: Worldometer
Vermutlich müssen wir generell mehr Fakten beachten, wollen wir Herausforderungen angehen und Themen verändern. Gewisse Leitmedien haben bereits begonnen, beispielsweise die Klima-Herausforderung zu dokumentieren: Projekte Süddeutsche zeigt u.a. ein Countdown, bis wann bei aktueller Emmissionsrate das globale CO2-Budget für 1.5°C Erwärmung aufgebraucht ist. Wieder zum Publikationszeitpunkt des Blogs noch 7 Jahre, 0 Monate, 7 Tage, 2 Stunden, 18 Minuten und 12 Sekunden.
Was ist zu tun? Reicht der Einkauf von Bio-Lebensmitteln, um die Herausforderung zu meistern? Nein, schreibt Ana Grujić in ihrem Essay und stört sich dabei an den Instagram-Feeds, welche von Werbung für weltrettende Produkte überquellen. Kauf von nachhaltigen Produkten findet sie eine Lifestyle-Entscheidung. Nach ihr braucht es viel schärfere Gesetze zum Umweltschutz, welche die Gesellschaft bei der Politik einfordern muss. Auch sonst regen ihre Gedanken an. In diesem Sinn: Frohe Weihnachten.
Der Strassengüterverkehr nahm auch im 2. Quartal von 2020 gemessen an den transportieren Tonnen erneut zu (Statistik Bund). Speziell in dicht besiedelten Räumen ertönt deshalb der Ruf nach nachhaltigen City-Logistikkonzepten, die für mehr Koordination und Bündelung sorgen. Der Schritt von Papier in die Praxis zeigt sich aber nicht immer einfach, da oft schlecht in den Markt der privaten Anbieter eingegriffen werden kann. Deshalb sind wir der Meinung, dass mit überschaubaren Projekten – wie dies unter anderem Basel tut – die Umsetzung live getestet werden muss. Auch beim NRP-Projekt „Vom Pilatus“ mit Produkten von regionalen Produzenten soll die Verteilung der Waren vom Bauernhof in den Laden mit möglichst wenig Fahrten und umweltfreundlich geschehen. Wir freuen uns, für diesen konkreten Fall, ein nachhaltiges Logistikkonzept zu entwickeln, das praxistauglich und pragmatisch ist. Erste Ideen konnten wir bereits einbringen.
Die Heinrich-Böll-Stiftung engagiert sich für die Verkehrswende, stellt u.a. dafür Unterrichtsmaterial für Schulen zur Verfügung. Ihre Analyse in Kürzestform: «Wir sind jeden Tag unterwegs. Das Problem: Wir produzieren Staus, Lärm und viel zu viel CO2. Deswegen müssen wir jetzt umdenken und handeln». Mach dir selber ein Bild und informiere dich im Böll-Mobilitätsatlas. Auch wir Erwachsenen können vermutlich noch etwas lernen.
Die Denkfabrik Agora Verkehrswende hat einen Leitfaden mit Vorschlägen ausgearbeitet, wie Städte und Gemeinden die City-Logistik zukunftsfähig gestalten können. Es happert offenbar in Städten oft an Ladezonen. Im Leitfaden „Liefern ohne Lasten“ wird diesbezüglich eine Ladezone alle 50 Meter empfohlen. Das Falschparken darf in den Ladezonen überdies nicht mehr toleriert werden. Immer wichtiger wird auch der Paketverkehr: Studien gehen davon aus, dass sich die Sendungszahl bei Paketen bis 2028 verdreifachen wird. Das bedeutet auch mehr Zustellfahrzeuge auf den Strassen. Hier brauchts neue Mikrodepots und Bündelungskonzepte. Die Idee dabei ist, dass nicht jede Fahrt von ausserhalb der Stadt bis zur Haustür ununterbrochen durchgeführt wird. Stattdessen sortieren und bündeln Paketzusteller ihre Lieferungen, und im besten Fall nur ein Dienstleister übernimmt die „allerletzte Meile“. Der Verkehr reduziert sich damit. Wir kennen solche Hub-Konzepte aus dem öV, wo sie gut funktionieren. Ein solcher Quartier-Logistikhub liegt übrigens direkt neben unserem Büro. Trafiko bezog vor 4 Jahren bekanntlich die aufgehobene Poststelle in Kastanienbaum, unser Postbüro. Die Post mietet seither ein Garage neben dem Postbüro, wo jede Nacht Post und Pakete zugestellt werden. Pöstler*innen vertragen von hier aus mit Elektro-Töffs jeden Morgen die Lieferungen zum Empfänger im Quartier. Wir meinen: Leifaden umgesetzt und mit diesem Blog ein Gruss an unsere netten Nachbarn.
Wieso wollen eigentlich Viele zurück zur Zeit vor Corona? Dort gab es doch grosse Verkehrsprobleme, Engpässe und das Klima leidete. Statt sich mit neuer Ausgangslage weiterzuentwickeln, ziehen sich zurzeit Autofirmen aufs Kerngeschäft Autoverkauf zurück oder Flugfirmen wollen sich nur unter Zwang verkleinern lassen. Im öV wird das Angebot unter grosser Kostenfolge (wegen weniger Fahrgästen) überall aufrecht erhalten und Bund/Kantone planen zurzeit gar den nächsten grossen Bahnausbauschritt 2040+, um vor allem wieder Engpässe zu Hauptverkehrszeiten mit teuren Infrastrukturen zu beheben. Bei den anstehenden Sparrunden der öffentlichen Hand wegen Corona trifft es parallel wohl bald noch die langsam keimenden alternativen Ideen und Verkehrssysteme ohne grosse Lobby (wie Sharing- oder Poolingdienste oder auch Investitionen ins Mobilitätsmanagement). Arbeiten wir noch an richtigen Themen? Hier eine klare Meinung: Nicht eigene Passagierzahlen maximieren, sondern Full-Service-Dienstleister am Kunden sein.
Die Gemeinde stellte an der Orientierungsversammlung vom 12.11. erste Themen des Generationenprojekt Buchrain vor. Am Anlass – wegen Corona in der Pfarrkirche und via Live-Stream auf Youtube – stellte Christoph Zurflüh von Trafiko erste Erkenntnisse aus Sicht Mobilität vor. Diese soll im Projekt vorbildlich realisiert und die eher abstrakten Themen des Gesamtverkehrskonzept LuzernOst konsequent beim Neubauprojekt anwenden. Die Stossrichtungen sind dementsprechend vielfältig und reichen von Sharingangeboten über E-Mobilität bis zum Mobilitätsmanagement. Ziel ist, dass Bewohner*innen und Beschäftigte nicht zwingend auf ein eigenes Auto angewiesen sind und dennoch mobil sein können. In Buchrain kommt etwas ins Rollen!
Unter Modalsplit (Wahl des Verkehrsmittels) wird in der Verkehrsstatistik die Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel verstanden. Der Modalsplit ist noch immer einer der besten Indikatoren für die Mobilitätspolitik in einer Stadt. EPOMM – ein Netzwerk von Regierungen von europäischen Ländern – zielt darauf ab, vergleichbare Modalsplit-Daten aller europäischen Städte bereitzustellen. Mit dem Tool TEMS können Städte ähnlicher Grösse und Städte mit ähnlicher Modalsplit-Aufteilung verglichen werden. Los gehts: www.epomm.eu/tems/index.phtml
Ein besseres Mobilitätsangebot, ähnliche Kosten und das nachhaltiger? Trafiko durfte eine Gesundheitseinrichtung passend zu dessen Strategie umfassend bezüglich Mobilitätsthemen beraten (Optimierung Mobilitätsangebote für Bewohnende/Personal/Besucher, Mobilitätsmanagement im Unternehmen, Ansatz Mobilitätskonzept für Ersatzbauten und Inputs für Mobilitätsverhalten). Nun dürfen wir bei der Umsetzung des erstgenannten Themas mit anpacken: Die Digitalisierung des Fahrdienstes und des Heimbusses sollen den Zugang erleichtern sowie den Betrieb vereinfachen und damit nicht zuletzt die Effizienz steigern. Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt sollen später weiteren Non-Profit-Gesundheitsorganisationen und deren bisher isolierten Fahrdiensten dienen. Angepeilt wird ein besseres Mobilitätsangebot für mobilitätseingeschränkten Personen und Personen im fortgeschrittenen Alter, unter ähnlichem Finanzmitteleinsatz, jedoch nachhaltiger und effizienter im Betrieb (Pooling der Fahrzeuge, gegenseitige digitale Fahraufträge, Pooling von Fahrten). Dazu testet Trafiko aktuell im Pilotprojekt zwei Standardsoftware, welche zum Einsatz kommen könnten (Go! und ISTmobil). Weitere Softwares sind im Gespräch, sollten Wege in eine Sackgasse führen. Wir sind gespannt, ob mit relativ einfachen Änderungen die Mobilität ergänzend zum öV verbessert werden kann.
Mit E-Auto-Plattformen wird einiges möglich. Warum? Es braucht nur eine grosse Batterie im Fahrzeugboden und 4 angetriebene Räder. Was man darauf baut, kann modular und skalierbar sein. Hoffentlich transportieren wir nicht wieder 1 Person auf 9m² oder holen 1 Harasse Getränk pro Fahrzeug im Supermarkt.