Elektro-Roller in China
In China sind Elektro-Roller omnipräsent. Schätzungen besagen, dass inzwischen mehr als 200 Millionen dieser Roller auf Chinas Strassen unterwegs sind und täglich rund 55’000 Neue verkauft werden (Niu ist ein solcher Anbieter, hier im Interview der Gründer u.a. mit seinen Plänen für Europa). Das ist die erste wirkliche Elektrifizierung von Motorfahrzeugen als Massenphänomen weltweit. China hat sich damit vom Fahrradland zum Scooterland entwickelt. Zu diesem Boom führten neben den geringen Anschaffungskosten (neuer Roller ab 230 CHF) auch die völlig überlasteten Strassen zu Stosszeiten. Ausserdem genehmigt die Behörde in vielen chinesischen Grossstädten praktisch keine Neuzulassungen für Benzinmotorroller mehr. Mit E-Rollern werden haufenweise Alibaba Pakete ausgeliefert, die meisten Essenslieferungen erfolgen so, Kinder werden zur Schule gefahren (3 oder 4 Personen passen gut auf so ein Ding) und natürlich benutzen Berufspendler gerne die E-Roller. Die Energiekosten pro gefahrenem Kilometer betragen dank günstigem Strom lediglich zirka 0.002 USD pro gefahrenem Kilometer (als Vergleich; im Chinesischen Bus kostet ein Ticket je Kilometer durchschnittlich 0.03 USD oder Benzin für einen Autokilometer 0.08 USD). Es ist somit eine Kombination aus privaten Anreizen (Kosten und Zeitersparnis) und staatlichem Eingriff (Road Restrictions) der zu diesem Elektro-Roller Boom führen konnte.
Aber die gewaltige Masse an Elektro-Rollern schafft Probleme, so wird 80% der Chinesischen Energie aus Fossilen Brennstoffen (meist Kohle) gewonnen, an Kreuzungen herrscht Wildwuchs bezüglich dem Verkehrsfluss, es ist üblich (auch Nachts!) ohne Licht zu fahren um die Reichweite zu erhöhen, auf verbindliche Speedlimits konnte man sich nicht einigen, die meisten Fahrer sind ohne Versicherung unterwegs und die Anzahl Unfälle nimmt ständig zu (alleine in Peking rund 35‘000 registrierte Unfälle 2016 mit EBikes, davon 113 Tote). Ausserdem braucht jedes dieser Fahrzeuge zirka alle 18 Monate eine neue Batterie; darin ist 10-20 kg Blei enthalten. Die Förderung des Rohstoffs, Produktion der Batterie und anschliessende Entsorgung (immerhin 70% werden recycliert) schafft grosse Umweltprobleme. Und trotzdem: Sitzt man als westlicher Besucher in einer Chinesischen Grossstadt wie Guangzhou oder Shanghai mal 2 Stunden in einem Auto im Stau fest, kann man das Bedürfnis nach einem Roller eines jeden Bewohners verstehen …