Mietauto war gestern

Sixt macht 2,6 Milliarden Euro Umsatz und hat insgesamt 20 Millionen Kunden. Seit Februar 2019 bietet Sixt eine einzige App für die Themen Autovermietung (Sixt Rent), Carsharing (Sixt Share) und Ride-Hailing (Sixt Ride). Sixt Share soll gar zusätzlich zu den üblichen Features die Autovermietung und Carsharing verbinden können: So kann ein Mietauto in einer Stadt am Sixt-Standort abgeholt und in der nächsten City in der Freefloating-Zone stehen gelassen werden. Sixt Ride bietet die Buchung des klassischen Taxis in Deutschland und von Ridehailing-Diensten im Ausland an. Buchung und Rechnungslegung erfolgt zentral über die Sixt-App.
Etwas ähnliches macht die neue Firma von Daimler und BMW, welche 25 bestehende Dienste unter dem neuen Label «Your Now» seit kurzem vereint: Carsharing floating (Share Now), Car On Demand (Free Now), Mobilitätsplattform (Reach Now), Parking (Park Now) und Ladestationen (Charge Now).
Diese Konsolidierungen sind in unserem Mobilitätsüberblick natürlich wieder aktualisiert (moovel wurde zu Reach Now, car2go zu Share Now usw.). Wir glauben auch, dass solche Gesamtpakete eher den Durchbruch schaffen als die vielen unkoordinierten Einzellösungen. Die Zukunft wirds weisen.

Mit zenGo von Tür-zu-Tür

In der französischen Schweiz gehts vorwärts: Ein öV-Verbund-Abo ist mit weiteren Verkehrsmitteln auf einer digitalen Plattform unter Nutzung des SwissPass bei 300 Kunden in Genf und Lausanne im Test. zenGo soll zudem bald auf alle Kunden ausgerollt werden. Mit zenGo-Jetons können neben dem öV auch Auto, Taxi oder Velos gebucht werden. Ein ähnliches Angebot ist das nationale Angebot SBB Green Class, welches neben einem GA auch ein persönliches Elektroauto (inklusive Versicherungen und Services) zur Verfügung stellt. Ergänzend sind im noch nicht digitalen Mobilitäts-Abo ein Parkplatz am Bahnhof, Car- und Bikesharing sowie weitere Mobilitätsleistungen inkludiert. Langsam fliessen die Dienste in neuen Angeboten zusammen und ermöglichen eine nachhaltige Tür-zu-Tür-Mobilität. Wir fragen uns, wann das weit verbreitete Halbtax mit weiteren Mobilitätsdiensten angereichert wird?

Mobilitätsmanagement

Mobilitätsmanagement wird im Podcast zusammengefasst so erklärt: Design von cleverer Mobilität für Firmenangestellte (ganzer Podcast von 8 Minuten). Wir selber durften noch beim Verkehrsverbund Luzern zusammen mit Partnern ein solches Konzept mit Hirslanden erarbeiten (Konzept, 11 Juli 2016). Kürzlich hat die Luzerner Zeitung diesbezüglich Ergebnisse publiziert. Fazit: Schön, werden immer mehr solche Beispiele breit veröffentlicht. Das animiert zum Nachahmen. Zudem lässt sich das Resultat sehen: Im Podcast wird von durchschnittlich 20% Umsteigerquote vom MIV zum öV/Langsamverkehr gesprochen (notabene freiwillig, weil die Alternativen verbessert wurden), Hirslanden hat innerhalb 4 Jahre bereits 26% erreicht (dies zu jährlichen Kosten von 350’000.-). Im Mobilitätsmanagement liegt also noch riesiges Potenzial, was viele Strassen-Grossprojekte zu viel höheren Kosten nur schwer leisten. Zudem ist cleveres Mobilitätsmanagement gar kurzfristig umsetzbar, sofern man – wie bei Hirslanden – auf ein hochmotiviertes Team trifft. Weiter so: Wir sind gespannt, was noch drin liegt …

Mobilität bald gratis?

Als wir davon hörten, taten wir dies erstmal als Fantasie ab. Doch wenn man tiefer recherchiert, ist dieser Trend gar nicht völlig absurd. Geschäftsmodelle ändern aktuell. Ausgangslage ist, dass viele Angebote übermässig verfügbar sind. So differenziert man sich z.B. dadurch, dass man dem Kunden die Anreise offeriert. Das macht das Glarnerland neuerdings genauso wie das EmmenCenter solche Aktionen seit über 10 Jahren durchführt. Auch Arbeitgeber zahlen Angestellten immer mehr an Mobilität (öfter ans Auto, zunehmend aber auch für flächeneffiziente Verkehrsmittel). In Zukunft wäre doch denkbar, dass ein Arbeitgeber mit einem privaten Shuttledienst kooperiert. Dieser bringt am Morgen seine Angestellten zum Büro (als Benefit für den Arbeitnehmenden und damit zu Lasten der Firma. Die Talentsuche wird diesbezüglich ja immer kreativer). Oder: Ein Shopping- und Freizeitzentrum beschafft 20 autonome Shuttles. Diese holen Kunden zuhause ab und bringen sie ins Center und wieder zurück. Der Transport ist für den Kunden gratis, der Dienstleister lebt von den Ausgaben des abgeholten Kunden im Center. Tja, wenn dann die vietnamesische Ferienanlage mit ihren günstigen Produktionsbedingungen vor Ort solche Angebote für Ferien lanciert, könnte die Mobilität ins absurde wachsen. Fazit: Die Zukunft hält spannende Herausforderungen bereit. Nun aber erstmal: Schöne Skiferien!

Change

Veränderungen sind im Gange. Beispiel mit Auswirkung auf die Mobilität gefällig: Ikea plant eine City-Filiale in Wien nach neuem Konzept ohne Parkgarage und Selbstbedienungshalle (Baustart 2019, Aussenlager resp. Logistikzentrum bereits in Ausführung). Neu können Besuchende wegen der zentralen Lage einfach mit öV/Langsamverkehr anreisen (sie müssen nicht mehr mit dem Auto in die Industriegebiete der Agglomerationen fahren). Spannend ist die damit verbundene Änderung der Logistik: Damit Wohnzimmercouch, Küche und Schränke trotzdem zu Hause landen, wird in 12 km Entfernung ein Logistikzentrum erstellt. Von dort werden die Waren nach Hause geliefert (dort werden aber auch die zunehmenden Online-Einkäufe direkt dem Versand übergeben). IKEA wäre aber nicht IKEA, wenn man beim Logistikzentrum nicht auch nach dem Einkauf an einem Pick-up-Point vorfahren könnte. Wir sind trotzdem gespannt, ob das der Anfang eines grösseren Change-Prozesses ist …

Mikro-öV

Dieses österreichische System bringt Mobilität dahin, wo sie benötigt wird – bedarfs- und nachfrageorientiert, zudem als Erweiterung zum bestehenden öffentlichen Verkehr. ISTmobil funktioniert ähnlich wie Sammeltaxis. Eine digitale Plattform bündelt dabei Fahrtenwünsche, verteilt sie auf zur Verfügung stehende Fahrzeuge (beispielsweise von teilnehmenden Verkehrsunternehmen, Taxis, Schulbusunternehmen, Tixis usw). Das System eignet sich vor allem dort, wo klassischer öV nicht mehr effizient betrieben werden kann. Super, dass es solche Alternativen gibt. Setzten wir sie doch auch in der Schweiz an den richtigen Stellen ein.

Bike-Sharing in der Schweiz

Schweizweit sind derzeit zahlreiche Bike Sharing – Systeme in Betrieb. Ein richtiges Produkt gibts dabei wohl nicht. Vielmehr macht eine kombinierte Lösung aus Stationen und dem sogenannten Free-Floating am meisten Sinn. Private Anbieter muss die öffentliche Hand dabei meist unterstützen, zumindest mit dem zur Verfügung stellen von Abstellflächen oder der Übernahme von administrativen Aufgaben. Restliche Investitionen kommen von Sponsoren und natürlich von den Nutzenden. Die Stadt Zug sucht zurzeit aktiv nach Anbietern, lanciert darüber hinaus gar eigene Pilotprojekte basierend auf neuster Blockchain-Technik. Anderes in Winterthur: Dort hat man 2012 die ersten Bike-Sharing-Versuche gemacht. Nach drei Jahren hob die Stadt den schwunglosen Versuch einer Teststation am Hauptbahnhof mit sechs Velos und zwei E-Bikes wieder auf. Ein Netz muss jedoch eine gewisse Dichte haben, damit genug Fahrten gebucht werden können. Konkret: Alle 400 Meter ist eine Station sinnvoll. Umgemünzt auf Winterthur hiesse das rund 40 bis 50 Stationen, von Töss bis Neuhegi, und damit eine Flotte von etwa 500 Velos. Ob hier eigenwirtschaftlich nächstens ein Anbieter kommt, wird die Zukunft weisen.

Revolution!

Der aktuelle Lösungsansatz verursacht zunehmend lokale und vor allem globale Probleme. Wir glauben auch, dass vielerorts grundsätzliche Änderungen anstehen. Folgende Idee wäre ein Ansatz. Sie hat aber u.a. auch grössere Auswirkungen auf die Mobilität. Was meinst du dazu? Es lohnt sich, die 1.5h ins Referat und die Zuhörer-Fragen zu investieren (Untertitel auf deutsch: Klicke unten auf dem Videobildschirm auf das Symbol „Einstellungen“):

Uber eats – in der Schweiz angekommen

Nächster Dienst für die Schweiz: Uber eats. Die weltweit bekannte on-demand App für Essenslieferungen ist seit 29. Nov. in Genf präsent. Über die App kann bei rund 100 lokalen Restaurants Essen für zuhause oder direkt ans Grillfest bestellt werden (Liefergebühr 4.90 CHF). Dieses wird durch unabhängige Lieferpartner mit Velos und Motorrollern ausgeliefert, welche sich eigenständig und individuell auf der Plattform entsprechende Lieferaufträge schnappen. Während die Restaurants ihr Geschäftsfeld erweitern, damit unkomplizierte Teilzeit-Boten-Jobs entstehen, protestieren die Gewerkschaften (Zeitung / Fernsehen): Uber soll Arbeitgeber sein, nicht einfach Plattform. Wie die Regulierung auch immer ausgeht, der Dienst scheint anzukommen: Weltweit setzen bereits 160’000 Restaurants in 350 Städten auf Uber eats. Wir finden es spannend, wie die Digitalisierung neue Logistik-Konzepte hervorbringt. Offenbar werden sie von Kunden akzeptiert.

Mobility-Philosoph

Fazit von Christian Uhle: Im Jahr 2016 wurden 3,4 Millionen Neuzulassungen von Pkw in Deutschland verzeichnet, der Gesamtbestand erhöhte sich auf 45,8 Millionen. Bei aller heraufbeschworener Disruption bilanziert er: Dem Auto ging es nie besser. Das hat seinen Preis (Stichwort: Stau, Platzanspruch, Unfälle, …). Sein Fazit: Durch Technologie allein wird künftig noch nichts besser. Der Schlüssel zu einer echten Verkehrswende wird die Stärkung von Fußverkehr, Fahrrad und klassischem öV sein. Digitale Technologien können dabei einen Beitrag leisten, müssen aber konsequent an der Zielvorstellung einer Verkehrswende ausgerichtet werden. Daher sein Vorschlag: Mut zum Umbau des Verkehrssystems – als einzig blindes Vertrauen in neue Technologien.

Trafiko