Objektivität bei Veränderungen

Kürzlich stach uns folgende Antwort von Al Gore in die Augen. Er wurde gefragt, wieso noch immer Leute den Klimawandel leugnen. Seine Antwort: Upton Sinclair, ein hervorragender US-Autor und Journalist, hat vor mehr als hundert Jahren den Ausspruch geprägt: «Es ist schwierig, einen Menschen dazu zu bringen, etwas zu verstehen, wenn sein Einkommen davon abhängt, dass er es nicht versteht.» Ich glaube, dieses Element bekräftigt viele Menschen in ihrer Leugnung. Aber diese Leugnung beginnt aktuell zu erodieren.

Dem ist nichts anzufügen. Zudem könnten wir aus der Mobilitätsbranche noch ein paar Beispiele nennen, wo Veränderungen wohl aus ähnlichen Gründen ebenfalls harzen. Aber lassen wir das …

Neue Mobilität auch im Süden

Viele Autos, chaotische Parkplatzsituationen und Abgase en masse. So lautet das gängige Vorurteil, wenn die Verkehrssituation in süditalienischen Städten zur Sprache kommt. Wie das Beispiel Cagliari zeigt, ist es an der Zeit, dieses Vorurteil zu revidieren. Bei unserem Besuch der Hauptstadt Sardiniens stach uns sogleich das Carsharing von Playcar ins Auge. Dieser Dienst verfügt über eine breite Autoflotte in der ganzen Stadt, inklusive Elektroautos und Lieferwagen. Cagliari hat auch Bikesharing zu bieten: Cabubi bietet an zahlreichen Standorten Velos, die mit Hilfe einer sogenannten Smartcard geöffnet werden können. Auch beim öV ist die Stadt mit den 150’000 Einwohnern auf Höhe der Zeit. Seit 2016 testet Cagliari im Rahmen des EU-Projekts Zeeus auf ihrem Trolleybus-Netz die partiell fahrleitungslose Fahrt. Zum Einsatz auf der Linie 5 kommen zu diesem Zweck VanHool-Trolleybusse mit Batterieantrieb.

VW und SBB kreieren Volksmobil

Was vor Jahren noch undenkbar gewesen wäre, nimmt langsam Fahrt auf: Das Zusammenspannen von der Automobil-Branche mit dem öffentlichen Verkehr. Neustes Beispiel ist die Aktion Volksmobil von VW und SBB. Bis Ende November gibt es Fr 1’000.– SBB Mobilitäts-Guthaben beim Kauf eines VW Lagerfahrzeugs. Das Guthaben in Form einer Geschenkkarte ist einlösbar am Schalter oder Billettautomaten sowie bei allen teilnehmenden Transportunternehmen. Nach Green Class ist dies eine weitere verkehrsträgerübergreifende Aktion. Wir sind gespannt, ob weitere Transportunternehmen diesem Beispiel folgen. Wie wäre es mit BLS und Tesla?

Elektro-Roller in China

In China sind Elektro-Roller omnipräsent. Schätzungen besagen, dass inzwischen mehr als 200 Millionen dieser Roller auf Chinas Strassen unterwegs sind und täglich rund 55’000 Neue verkauft werden (Niu ist ein solcher Anbieter, hier im Interview der Gründer u.a. mit seinen Plänen für Europa). Das ist die erste wirkliche Elektrifizierung von Motorfahrzeugen als Massenphänomen weltweit. China hat sich damit vom Fahrradland zum Scooterland entwickelt. Zu diesem Boom führten neben den geringen Anschaffungskosten (neuer Roller ab 230 CHF) auch die völlig überlasteten Strassen zu Stosszeiten. Ausserdem genehmigt die Behörde in vielen chinesischen Grossstädten praktisch keine Neuzulassungen für Benzinmotorroller mehr. Mit E-Rollern werden haufenweise Alibaba Pakete ausgeliefert, die meisten Essenslieferungen erfolgen so, Kinder werden zur Schule gefahren (3 oder 4 Personen passen gut auf so ein Ding) und natürlich benutzen Berufspendler gerne die E-Roller. Die Energiekosten pro gefahrenem Kilometer betragen dank günstigem Strom lediglich zirka 0.002 USD pro gefahrenem Kilometer (als Vergleich; im Chinesischen Bus kostet ein Ticket je Kilometer durchschnittlich 0.03 USD oder Benzin für einen Autokilometer 0.08 USD). Es ist somit eine Kombination aus privaten Anreizen (Kosten und Zeitersparnis) und staatlichem Eingriff (Road Restrictions) der zu diesem Elektro-Roller Boom führen konnte.
Aber die gewaltige Masse an Elektro-Rollern schafft Probleme, so wird 80% der Chinesischen Energie aus Fossilen Brennstoffen (meist Kohle) gewonnen, an Kreuzungen herrscht Wildwuchs bezüglich dem Verkehrsfluss, es ist üblich (auch Nachts!) ohne Licht zu fahren um die Reichweite zu erhöhen, auf verbindliche Speedlimits konnte man sich nicht einigen, die meisten Fahrer sind ohne Versicherung unterwegs und die Anzahl Unfälle nimmt ständig zu (alleine in Peking rund 35‘000 registrierte Unfälle 2016 mit EBikes, davon 113 Tote). Ausserdem braucht jedes dieser Fahrzeuge zirka alle 18 Monate eine neue Batterie; darin ist 10-20 kg Blei enthalten. Die Förderung des Rohstoffs, Produktion der Batterie und anschliessende Entsorgung (immerhin 70% werden recycliert) schafft grosse Umweltprobleme. Und trotzdem: Sitzt man als westlicher Besucher in einer Chinesischen Grossstadt wie Guangzhou oder Shanghai mal 2 Stunden in einem Auto im Stau fest, kann man das Bedürfnis nach einem Roller eines jeden Bewohners verstehen …

Ride-Sharing kommt!

Der Werbeslogan der Via-Page “Welcome to Via. We ride together” tönt nach einem austauschbaren Spruch. Liest man aber vom 50 Million Dollar Investment der Daimler AG in Via, spürt man die Zukunft förmlich. Da stehen in der Mitteilung Sätze wie «der Via-Algorithmus ermöglicht ein dynamisches Massentransport-System, welches das Verkehrsaufkommen in Städten verringern wird» oder «Mercedes wird mit Via die Art verändern, wie sich Menschen in Städten fortbewegen» oder «Via öffnet neue Wege für den öV – weg von einem regulierten System mit starren Routen und Fahrplänen hinzu einem dynamischen Netzwerk» oder «im Fokus steht langfristig das autonome Fahren mit emissionsfreien MercedesVito-Transportern». Gestartet wird übrigens die Europa-Offensive dieses Ride-Sharing-Angebots noch 2017 in London, nachdem es bereits in einigen US-Städten funktioniert. Sind wir bereit für dieses neue Sharing-Angebot?

Der Werbeslogen im Film deutet dann schon konkreter drauf hin, wer sich auf das Via-Angebot vorbereiten muss: „Via – It’s smarter than the subway, better than the bus and cheaper than a taxi.“

Autoberufe am öV bewerben

In der Mobilität vermischt sich vieles. Uns gefällt das!

Disruption und Innovation

Die beiden Begriffe sind aktuelle Zauberworte, wobei niemand richtig den passenden Zaubertrick kennt, um diesbezügliche Herausforderungen zu stemmen. Uns hilft dann u.a. ein Blick auf Fakten. Statistiken sind die eine Quelle, persönliche Erfahrungen die Andere. Ein Beispiel: Kürzlich fuhr auf dem italienischen Camping ein vollelektrischer deutscher Tesla mit Wohnwagen vor (Nebenbei: Der Camping war mit entsprechenden Schnellladestationen bereits ausgerüstet). Vor ein paar Tagen im Seefeldpark Sarnen war es ein Plug-in-Hybrid aus den Niederlanden. Erkenntnis: Offenbar kann man sich bereits durch halb Europa mit neuen Techniken zuverlässig fortbewegen. Es erstaunt zudem, dass noch solche Lasten gezogen werden können.

Business Model

Wie lassen sich Geschäftsmodelle aktuell halten, damit Verkehrsunternehmen nicht wie Nokia oder Kodak den Anschluss verpassen? Die heute an der Uni Luzern dozierende Karolin Frankenberger hat zusammen mit Oliver Gassmann 55 Grundmuster der Geschäftsmodell-Innovation und den «Business Model Navigator» entwickelt. Lasst euch in 4 Minuten die Thematik erklären:

Autoarme Wohnsiedlungen

Der aktuelle Ansatz gleichberechtigter Verkehrsträger hat auch Auswirkungen auf Wohnsiedlungen. Folgender Kurzfilm erklärt die Vorteile autoarmer Siedlungen für Investoren, Mieter, die Umwelt und für das Verkehrsnetz der ganzen Region. Machen wir uns also an die Umsetzung …

Die Zukunft gehört der Jugend

Viele unserer Gewohnheiten beginnen früh im Leben. Während sich junge Erwachsene mit wenig Geld nach der Decke strecken, steuern Erwachsene an den Schalthebeln der Macht die Geschehnisse, indem sie die Anreize setzen. So können österreichische Schüler und Lehrlinge bis 24 Jahre mit der SUPER s’COOL-CARD für günstige 96.- Euro ein Jahr lang alle öffentlichen Verkehrsmittel des Salzburger Verkehrsverbundes nutzen. In der Schweiz haben haben wir für Jugendliche bis 25 Jahre z.B. das GA Junior für 2650.-, beim Tarifverbund Passepartout das Junioren Jahresbo alle Zonen für 1701.- oder dann eben die Alternative „erstes eigenes Auto“.

 

Trafiko